Unsere Fähigkeit zuzuhören, ermöglicht uns dreimal mehr Informationen aufzunehmen, als wenn wir etwas lesen und im Vergleich zu unserem Auge kann das Gehör ohne Erschöpfung ununterbrochen Signale aufnehmen und weiterleiten – hier steckt also Potential! Auf Bitten einer Teilnehmerin verknüpfe ich daher in diesem Blogartikel diese Erkenntnisse mit dem Thema Achtsamkeit, denn zuhören ist nicht gleich zuhören!
„Oh, ich weiß, was du sagen willst!“ platzt es manchmal aus meinem Mund und schon bin ich im System des ich-zentrierten Zuhörens gelandet – mal wieder. Zuhören ist eine Kunst und durchaus auch wissenschaftlich analysiert und aufgearbeitet worden. Wer sich hier richtig ins Thema reinwühlen will, findet sehr viele gute Techniken bei Carl Rogers. Das sogenannte ich-zentriete Zuhören oder auch antwortsüchtige Zuhören ist weitverbreitet. Es ist im Grunde meist gut gemeint, denn wir bleiben bei uns, wir wollen weder uns noch anderen die Zeit stehlen und teilen kurzfristig unsere Gedanken, nachdem wir uns einen Eindruck gemacht haben, was der Mensch vor uns vermutlich braucht oder mitteilen will. Es ist jedoch Vorsicht geboten, wenn wir wirklich verstehen wollen, was in der anderen Person vor sich geht. Das kann ziemlich wichtig sein, wenn wir Vertrauen aufbauen und eine effektive Beziehung führen wollen. Hier braucht es mehr, als die eigenen Gedanken. Hier geht es um Konzentration auf unser Gegenüber: Das verstehende Zuhören.
Das waren laut der Legende die Worte des Orakels von Delphi an Krösus, mit dem wir vor allem Großzügigkeit und Wohlstand verbinden. Krösus war zu seiner Zeit König von Lydien und hatte keine Möglichkeit einen Kurs im Zuhören zu belegen. Du hast da ganz andere Möglichkeiten und ich empfehle dir mal bei Linkedin hier rein- und zuzuhören. Doch zurück zu Krösus, der das Orakel befragte und leider nur des selektiven Zuhörens mächtig war. Selektiv meint in diesem Fall, dass er die Botschaft des Orakels sich in seinem Kopf so zurechtlegte, dass er der Gewinner und nicht der Verlierer seines bevorstehenden Feldzuges sein würde. Das Orakel jedoch sprach eine Warnung aus. Es kann daher sehr lohnenswert sein, das eigene Zuhörverhalten zu verändern! Auf diese Weise kommen wir zu wertvolleren Informationen, die im wahrsten Sinne des Wortes, für uns kriegsentscheidend sein könnten.
Mein persönlicher Zuhör-Grundsatz ist, dass ich mir Zeit nehme. Zuhören ist eine Frage der Aufmerksamkeit. Ich betrachte es also umgekehrt wie eingangs beschrieben: Es soll nicht darum gehen, jemandem Zeit zu stehlen, sondern Zeit zu schenken. Wenn ich zuhöre, bin ich für dich da und leihe dir mein Ohr. Wichtig hierbei: Uns sollte klar sein, dass das Zuhören je nach investierter Kraft, eine andere Effektivität erfährt. Mache dir also Bewusst, was dein Ziel ist und wie wichtig dir der andere Mensch ist. Je nach Anlass kann es sinnvoll sein, auf einen besseren Moment zu warten, um mit einem vollen Zuhör-Akku ins Gespräch zu gehen!
Sehr gut beforscht und beschrieben ist das aktive Zuhören. Hier hat Rogers wie eingangs angedeutet, sehr viel Pionierarbeit geleistet, die immer wieder von anderen Pädagog*innen, Psycholog*innen und Kommunikationswissenschafter*innen aufgegriffen und weiterentwickelt wurde. Es geht beim aktiven Zuhören um die Begegnung als eine Art Happening für Menschen. Zuhören bekommt also eine wichtige Bedeutung zugeschrieben, wenn wir es aktiv betreiben. Es hat die Funktion einen anderen Menschen emotional zu unterstützen und es hilft uns, einander besser kennen zu lernen, neues beieinander zu entdecken und ohne voreilige Bewertungen das Gehörte zu verarbeiten. Wir bleiben unserer eigenen Wahrnehmung skeptisch gegenüber und fragen proaktiv nach, bei Doppeldeutigkeiten oder wenn wir uns nicht 100% sicher sind, was unser gegenüber mit einem Begriff oder Satz meinte. Insbesondere auf der Sachebene lässt sich somit ein wesentlich wirkungsvollerer Austausch etablieren. Aktives zuhören bedeutet aber nicht, dass wir bei jeder kleinsten Pause die Chance nutzen, um sofort eine Rückfrage zu stellen! Manchmal sind es gerade Pausen, die noch eine Entwicklung unseres Gegenübers ermöglichen, vielleicht auch den letzten Gedanken ohne Außenimpuls neu zu ordnen und erneut, aber klarer wiederzugeben. Es ist also relevant beim aktiven Zuhören geduldig zu sein und wirklich nur dann selbst zu sprechen, wenn wir den Eindruck bekommen, der oder die andere hatte ausreichende Zeit, um den Gedankengang zu finalisieren. Im Idealfall runden wir dann das Ausgesprochene mit einer Paraphrasierung oder Zusammenfassung ab, die von unserer Gesprächspartner*in dann ggf. nachgeschärft oder korrigiert werden kann.
In der Gewaltfreien Kommunikation versuchen wir uns vor allem beim Zuhören auf die Gefühle und die Bedürfnisse des Gegenübers zu fokussieren. Es handelt sich aus meiner Sicht um eine Unterkategorie des aktiven Zuhörens, denn Rogers Konzept des aktiven Zuhörens schließt Empathie und emotionale Aspekte mit ein. Rosenbergs Gewaltfreie Kommunikation unterstützt uns eine verbindende Kommunikation aufzubauen und aufkommende Konflikte konstruktiv zu bearbeiten. Wenn wir nun also empathisch zuhören, richten wir unser Verständnis auf vier Ebenen aus, um uns in uns selbst, aber auch die andere Person einzufühlen:
Vielleicht ist achtsames zuhören eine Unterkategorie des aktiven oder empathischen Zuhörens. Für mich persönlich ist es eine weitere Bewusstmachung äußerer und innerer Zustände. Wir versuchen mit Achtsamkeit präsent und geistesgegenwärtig zu sein. Wenn Krösus also vor das Orakel trat und sich vorher mit Achtsamkeit beschäftigt hätte, dann wäre dies nochmal ein ganz anderer Moment für ihn gewesen: „Jetzt stehe ich hier und habe eine schwierige Entscheidung vor mir. Will ich meine Verantwortung wirklich abgeben und diesem Orakel in die Hände legen? Wer ist das Orakel überhaupt und was will es mir mitteilen? Ist es mir wohlgesonnen oder verdächtig? Warum bin ich so misstrauisch? Und was steht eigentlich wirklich hinter seiner Botschaft? Ich bin ganz nervös, jetzt setze ich mich erstmal hin und dann hole ich mir nochmal eine Zweitmeinung, wie ich am besten mit so einem Orakel kommuniziere.“
Beim achtsamen Zuhören versuchen wir nicht nur zu verstehen, was uns mitgeteilt werden wollte, sondern ebenfalls in welcher Situation sich sowohl Sender*in als auch Empfänger*in befinden. Es geht um eine ganzheitliche Wahrnehmung und ein Bewusstsein dafür, welche Wirkung Kommunikation und Begegnung hat. Wir betrachten also quasi alles, was wir wahrnehmen und in Konsequenz dessen, verändern wir das Setting zum Wohle der Kommunikation. Damit geht das Konzept der Achtsamkeit über das Konzept der Proaktivität (ich gehe auf dich zu, um dich zu verstehen) und das Konzept der Empathie (ich versuche deine Gefühle und Bedürfnisse zu verstehen) hinaus. Wir wollen nicht nur einander in der Sache verstehen und den Menschen mit all seinen Gefühlen und Bedürfnissen erkennen, sondern auch einen Raum und Rahmen schaffen, der uns beiden gut tut.
Auf diese Idee, wäre ich selbst nie gekommen, aber auf mymonk.de gibt es zum Thema achtsames Zuhören eine wirklich lustige Geschichte, die geradezu selbstironisch und dennoch geschickt beschreibt, worum es beim achtsamen Zuhören geht. Ich habe mich mal bei der Quelle bedient, um euch folgende Tipps weiterzugeben: